Staatsanwaltschaft Ingolstadt
Auf der Schanz 37
D-85049 Ingolstadt
Anfrage zur Strafvollstreckung gegen OFw Alexander Bittner
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Rahmen meines Mandates als Abgeordneter des Europäischen Parlaments (MdEP) möchte ich auf die aktuelle Strafvollstreckung gegen Herrn OFw Alexander Bittner in der JVA Aichach aufmerksam machen und um Überprüfung rechtlicher Möglichkeiten, diese auszusetzen oder ganz zu beenden, bitten.
Ich bitte höflichst darum, dieses Schreiben der dafür zuständigen Person zu übermitteln.
Mit diesem Schreiben ersuche ich um Überprüfung aller Möglichkeiten, die seitens der Staatsanwaltschaft erfolgen können, um die Strafvollstreckung auszusetzen oder auf eine Aufhebung der Strafe hinzuwirken.
Insbesondere wird um Prüfung gebeten, ob die Strafvollstreckung vorläufig ausgesetzt werden kann (vgl. §§ 8, 9 Bayerische Gnadenordnung (BayGnO)) und ob die Wiederaufnahme des durch Urteil abgeschlossenen Verfahrens (Amtsgericht Ingolstadt) möglich ist.
Die Wiederaufnahme des Verfahrens zugunsten des Verurteilten nach § 359 StPO ist auch durch die Staatsanwaltschaft möglich, §§ 365, 301 StPO. Als Wiederaufnahmegrund halte ich § 359 Nr. 5 StPO für einschlägig. Die Gehorsamsverweigerung zur Duldung der COVID-Impfung war entscheidungserheblich für die Verurteilung und die Höhe des Strafmaßes von Herrn OFw Bittner.
Durch die öffentlich zugänglichen RKI-Protokolle liegen nun für die Tatzeit neue Tatsachen, Erkenntnisse und Beweismittel vor, die die Staatsanwaltschaft würdigen und zur Wiederaufnahme des Verfahrens beibringen kann. Erkenntnisse über die Wirksamkeit der COVID-Impfung, einer Impfpflicht und die Information anderer Behörden über die Erkenntnisse des RKI wurden aktuell durch das Verwaltungsgericht (VG) Osnabrück aufgearbeitet.
Unter Bezugnahme auf die RKI-Protokolle befand das VG, die während der Pandemie eingeführte einrichtungsbezogene Impfpflicht sei verfassungswidrig (vgl. VG Osnabrück Vorlagebeschluss v. 3.9.2024 – 3 A 224/22, BeckRS 2024, 22552). Das BVerfG kam mit Beschluss vom 27.4.2022 (1 BvR 2649/21) zu dem Ergebnis, dass das angegriffene Gesetz verfassungsgemäß sei. Nun muss im Lichte der RKI-Protokolle neu entschieden werden.
Die maßgeblichen Urteile des BVerwG (vgl. BVerwG, B.v. 7.7.2022 – 1 WB 5.22, BeckRS 2022, 35783 Rn. 106; BVerwG, B.v. 3.7.2023 – 1 WB 49.22, BeckRS 2023, 31345 Rn. 26, 36f., 42) zur Rechtmäßigkeit der Duldungspflicht (COVID-Impfung) der Soldaten nehmen Bezug zu dem Beschluss des BVerfG vom 27.4.2022 (1 BvR 2649/21).
Im Übrigen hat sich die Rechtslage bezüglich der Duldungspflicht zur Impfung geändert.
In Anbetracht dieser Weiterentwicklung des Sach- und Kenntnisstandes sowie der drohenden weiteren Beeinträchtigungen des Inhaftierten bitte ich um Überprüfung der rechtlichen Möglichkeiten eine Strafvollstreckung zu beenden und insbesondere durch eine Wiederaufnahme des Verfahrens die nun öffentlich zugänglichen Erkenntnisse zugunsten OFw Bittner zu berücksichtigen.
Bei der Entscheidungsfindung bitte ich auch zu berücksichtigen, was Herr OFw Bittner als Soldat für die Bundesrepublik Deutschland geleistet hat und dass neben einem laufenden militärischen Disziplinarverfahren auch eine strafrechtliche Ahndung erfolgte.
Gerne bin ich zu einem persönlichen Gespräch bereit.
Mit freundlichen Grüßen
MdEP Dr. Friedrich Pürner